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Mittwoch, 13. Dezember 2006

yvonne erber - 13. Dez, 11:06

Lieber R. R.

----„Dass jeder Raum eine Verwandlung bewirkt...“- es kommt darauf an, wie man auftritt. Chantal Michel tritt gestaltend auf. Sie unterwirft sich nicht, sie unterwirft den Raum, samt Inhalt. Es ist – in den Performances als auch auf den Fotos – eine stumme, beherrschende Präsenz.

----Auf dem Foto, das ich gestern eingestellt habe, inszeniert sie alles. Der Vorteil von Fotoserien ist die Berechenbarkeit der Details. Bei den Performances ist sie das direkte Objekt der Betrachtung, das sich ausstellt. Sie verändert bewusst und aggressiv durch die Art ihres Erscheinens, die alle Anwesenden irritiert.

----Dieses Foto aus der Serie „ Während der ganzen Zeit...“ ist vergleichsweise harmlos. Auf den ersten Blick ist es ein Bild der Verwüstung. Der zweite zeigt bereits die Kompositionsabsicht und Drang zur (Farb-)Harmonie. Das Schiefe, die Flucht-Linien, die den Blick lenken – wohin? Dorthin, wo ich einen Kopf vermuten muss. Sie suchen vermutlich auch diesen Ziel-Punkt, der nie und nimmer sichtbar werden wird, jedenfalls nicht hier. (Auf den anderen 8 Fotos dieser Serie hat Chantal Michel ihr Gesicht mit ihren langen braunen Haaren verhüllt. Und – sie trägt immer diese weißen Stöckelschuhe.)

----Meine erste Assoziation war: hier ist ein Mord passiert, zumindest ein Gewaltakt. Chantals Körper ist nur bis zum Nabel sichtbar. Die Beine wirken wie Puppenbeine. Dazu dieses Tüllkleid!

----Sollte Chantal beabsichtigt haben, mich mit meiner Kindheit, meiner Puppenstube zu verbinden – es ist ihr nicht gelungen. Ich kenne auch keine Zimmer mit 3 Lampen dieser Art, mit einem Regenschirm vor einem solch blaugrünen Gemälde usw. Also eine künstliche Gewaltidylle? Das hat nichts mit meinen Horrorträumen zu tun.

----Alle ihre Bilder strotzen von Künstlichkeit und sind zugleich verführerisch. Sie bewirken keineswegs eine Verwandlung, auch nicht in dem Sinn, dass ich mich da hineinversetzen wollte. In diesem Raum wäre kein Platz mehr für mich. Auch nicht in dem Badezimmer, in dem sie sich so geschickt verklemmt hat, dass sie auch für eine wunderbar Schwebende gehalten werden könnte. Ich könnte mir keinen Mann an ihre Stelle denken. Sie hat nichts Gewalttätiges an sich. Sie ist einfach schön, wie sie sich in dem gelben Kleid und schwarzen Schuhen "ausruht". Ein Mann in dieser Position in einem Bad kann ich mir nur im Tarnanzug vorstellen.

----Mit dem Wort „hingegeben“ kann ich nichts anfangen. Auch nicht damit, dass Frauen „leichter ‚Objekt’“ seien. Das sind sie vielleicht in den Augen der Männer (zwar ohne Apostroph), die sich eine Frau so ausmalen, um sich aufzustacheln und ihre Feigheit zu überdecken. Das Objekthafte der Frauen existiert nur in der Phantasie von Männern, die glauben, Frauen wie Räume betreten und erobern zu können.

----Diese Frau – Chantal Michel – bietet sich in ihren Kunst-Inszenierungen voller Absicht als etwas zum Bild-Material Gewordenes an. Sie lässt ihr Fleisch erstarren, sie verbirgt ihr pulsierendes Leben. Wenn Sie wollen – darin wohnt die Allegorie des Todes, die einen süßlich-barocken Sog entfaltet, dem vielleicht Sie als, wie Sie schreiben, „(plump-männlicher“) Körper viel weniger entkommen können als ich. Aber ich denke, wir sind beide erwachsen und können, aufgrund der lang eingeübten Geschlechterrollen, damit umgehen, ohne „die eine Frage“ an die Eltern stellen zu müssen.

YVONNE ERBER

Chantal Michel, Die letzten Zeugen 03

chantal-michel-zeugen-

Dienstag, 12. Dezember 2006

an yvonne erber, 12. Nov, 11:13

Danke für den Hinweis auf Chantal Michel. Sie war / ist für mich eine tatsächliche Entdeckung. Ich kann das Besondere bei ihr noch nicht bestimmen, kenne aber - verbinde mit ihr - Ideen, sich z.B. in einem Badezimmer auf eine bestimmte Weise zu verhalten, die, statt funktionalistisch, mimetisch im Sinne eines Unbekannten, oder noch schwer Auszudrückenden... letztlich noch gar nicht Sinnhaftem wäre. Dass jeder Raum eine Verwandlung bewirkt, zumindest nahelegt, auch wenn mein [plump-männlicher] Körper sie abstreitet... aber sie doch immerhin [noch] spürt.) Wäre ich eine Frau, könnte ich sicher auch leichter „Objekt“ sein. Und als „hingegebenes“ vielleicht auch näher an Erlösung?
Ist das nur ein männliches Phantasma, das seinen Mangel als eine weitere Idee formuliert, oder gibt es das als etwas bejahtes an Weiblichkeit bei Frauen?

R. R.

Chantal Michel, «Während der ganzen Zeit wuchsen und wuchsen die Kinder und stellten nur die eine Frage, während die Erwachsenen ratlos und grossartig lächelnd schrumpften und schrumpften.»

chantal-michel-zeit-

Montag, 11. Dezember 2006

yvonne erber - 11. Dez, 14:33

Lieber R. R.

----Yvonne! Also da kann ich ein Lied singen! Wonne – nicht die schlechteste Verhunzung! Wonnilein, Wonnilie, Wonn, Ifonn, Fonnchen, Fonnlein usw. Yvonne-Sonne! Yvette. I wett, i wohn! Kann alles zärtlich, aber auch als Schimpfwort gemeint sein. Und mit den Leichtathletinnen bzw. Kunstturnerinnen Yvonne Buschbaum, Yvonne Haug, Yvonne Musik und Yvonne Pioch habe ich nichts zu schaffen. Ich turne nie! ;.-)

----Sie ahnen richtig, dass ich „für gewisse Abgründigkeiten empfänglich“ bin. Also wie war das mit Ihrer „einmaligen Yvonne“ und den „näheren Umständen“? Sie müssen tatsächlich nichts „ausplaudern“, weil ich – entgegen Ihrer Annahme – hier das auch nicht tue. Ich halte mich an die Grenzen, die man mir setzt – das hab ich Ihnen ja in den Mails schon geschrieben -, wenn sie deutlich genug ausgesprochen werden. Ich - und ich rede nur von mir! - lege hier nur einen Kommunikationsprozeß bloß. Natürlich können sich gewisse Bruchlinien können auftun. Ich bemerke jedenfalls die eigenen; aber das ist ja auch der Zweck.

----Zum Beispiel bemerke ich jetzt, daß ich doch eine gewisse Namensempfindlichkeit habe. Auch mit Erber kann man ja dumm herumspielen. Allerdings habe ich anhand Google gesehen, dass mir die Vornamenswahl meiner Eltern nur eine einzige Doppelgängerin (im Netz) beschert hat: erber.yvonne@landkreis-straubing-bogen.de. Uninteressant finde ich den automatischen Google-Ersatzverschlag: Yvonne Räber.

----Ihr R. R. (rollend oder kehlkopfig auszusprechen?) – soll es weiter so rätselhaft bleiben? Verraten Sie mir wenigstens den Vornamen?

----Eine Spur in die Vergangenheit zu verfolgen, finde ich manchmal spannend. Auch in meinem Alter vergißt man gewisse Zusammenhänge, Umstände, Namen von Personen auf Fotos, besonders wenn es sich um ferne Verwandte, Freunde oder Bekannte der Eltern handelt. Würde es da etwas zu verfolgen geben, etwa einen Übergriffigen, dessen Übergriffe vor den Augen der Eltern passiert sind? (Dass das Mädchen etwa brav und still auf dessen Schoß zu sitzen hatte, von mir aus beim Essen, und die Eltern sind dann rausgegangen, und das Mädchen musste brav sitzen bleiben...) Also da würde ich dann dranbleiben, wenn ich nicht – wie etwa meine ältere Cousine – nur bei dem Gedanken daran schon in Tränen ausbrechen müsste. Die Frage wäre: Was wiegt mehr: der Missbrauch des Nachbarn? Oder das Wegschauen und Weggehen der Eltern? Ist deren Schuld nach 15 oder 20 Jahren schon verjährt?

----Tut mir leid, dass ich mittels meines Fernblicks Sie grössenmäßig etwas überschätzt habe. Es ist nur ein Unterschied zwischen männlicher und weiblicher Selbsteinschätzung, was die Körpergröße betrifft. Als Frau bin ich das Hinaufschauen gewöhnt. Ich habe es internalisiert. Nur im Sitzen nähere ich mich der Augenhöhe eines Mannes an. Viele Männer verwechseln das mit Vertrautheit, wenn sie sich da so einfach auf die weibliche Blickhöhe begeben haben. Eine einfache Form von Unterwerfung: man setzt sich, man rutscht heran, man hebt den Arm, man bleckt die Zähne, na usw.

----Was die „Arroganz dieser Ausgewachsenen“ betrifft, die Ihnen die Natur nicht zugemutet hat: sie ist ja auch eine Charaktersache. Ich kenne groß gewachsene Männer, die unter ihrer Größe furchtbar leiden. Die keine Attraktion am Zwang zum Herabblicken empfinden. Die wegen ihres unausweichlichen Herausragens aus der Gruppe oder Menge unglücklich sind. Die so oft zum Sich-Bücken gezwungen werden, da nützt kein aufrechter Gang! Wäre das kein Trost für Sie?

----Es freut mich, dass Sie mich andeutungsweise über die Rolle Ihrer Minox informieren. Auch, dass in Ihrem Leben die „pragmatische Seite“ im Vordergrund stand. Minox als Black box , Sie als bildnehmender, zugleich aber auch bildgebender Schamane! Sind das alles private Bilder? Oder wurden sie veröffentlicht? Wenn ja – wo? (Die paar im Weblog zählen wohl nicht.)

----Das mit dem „früheren“ Voyeur nehme ich Ihnen nicht ab. Mein erste Reaktion auf Ihr Weblog betraf ja eine aktuelle Voyeurssituation. Wenn man als Kind gewohnt ist, durchs Schlüsselloch zu „fotografieren“, dann bleibt einem das das ganze Leben.

----Längere Zeit durchs Schlüsselloch zu schauen erscheint mir, nun älter geworden, etwa so qualvoll, als würde ich mich als Erwachsene wieder in den Beichtstuhl meiner Klosterschule klemmen. Schon als Mädchen bekam ich sofort zittrige Knie. Es war eine Qual, die durch Gewöhnung mit Lust verbunden wurde, wie eben alles, was mit der Kirche zusammenhängt. Ich habe mich daran gewöhnen müssen, dass in jeden Zimmer ein Gekreuzigter hängt; auch daran, dass er fast nackt ist, aber an der interessantesten Stelle ein Tüchlein trägt. Mein Blick war zuerst scheu, dann immer forscher, forschender auf diese Stelle gerichtet. Ich habe an die Macht der Gedanken geglaubt und mir zum 1000sten Mal vorgestellt, was dann wäre, würde ich in der Lage sein, dieses Tüchlein durch heftigste Konzentration zu entfernen. Wäre da überhaupt etwas? Wäre das, was dort wäre, klein, groß, dünn, dick, weiß, gelb, rot oder braun? Wäre es nur ein Nagel, der versehentlich oder auch nicht dort von hinten eingeschlagen wurde, um dieses Jesuskörperchen zu fixieren? Würden die Mitschülerinnen diese Enthüllung sofort bemerken und zu kreischen beginnen? Oder würden sie auf die Knie sinken und erst dadurch zur inbrünstigen Anbetung angehalten sein? Und - würden die Schwestern vor dem Anblick flüchten? Oder: O Wunder!, o Wunder! schreien? Mein vorherrschende Angst jedoch war, dass die Schwestern Gedanken lesen können und über alle meine unkeuschen Gedanken bereits Bescheid wissen. Sie würden also sofort mit dem Finger auf mich zeigen und mich an den Haaren hinauszerren und zur Strafe stundenlang auf einem Holzscheit knien lassen, und zwar dort, wo mich alle Mitschülerinnen sehen und auch verhöhnen können.

----Übrigens - ich habe bemerkt, dass Sie noch ein paar Einträge auf Ihrem geschlossenen Weblog gemacht haben! Wird das jetzt so weiter gehen? Müsste ich dort nur regelmässig gegen die Schließung protestieren, um Sie zum Weiterschreiben zu animieren?

----Sie haben zwei Zitate hinterlegt, die sich ergänzen:

1. „Reiche zu hassen und Arme zu lieben: das ist mir zu einfach. Es weint sich zu leicht um das einfache Volk.“ (In Bezug auf Paris Hilton, von LaChapelle).

2. "Deshalb glaube ich, dass die einzig mögliche Reaktion auf die Ungerechtigkeit und Vulgarität der Welt heute die Verzweiflung ist - aber nur die individuelle Verzweiflung, die nicht-kodifizierte Verzweiflung.“ (Pasolini)

Meine Fragen dazu:

1. Kennen Sie persönlich Reiche (muss ja nicht gleich in der Schlecker-Klasse sein), die Sie lieben, und Arme (halt Hartz IV-Bezieher), die Sie hassen?

2. Wie gehen Sie mit Ihrer Verzweiflung über die „Ungerechtigkeit und Vulgarität der Welt“ um?

Ich grüße Sie herzlich.

YVONNE ERBER

Bettina Rheims I.N.R.I.

bettina-rheims-INRI

Sonntag, 10. Dezember 2006

an yvonne erber, 10. Dez, 14:21

Liebe Yvonne.

„Jemand“ richtete an mich die Frage, ob diese „in der Dusche liegende Frau“ auf der Y.-Seite ich sei. Ich weiss, ich habe diese Frage provoziert, weil ich ein Foto von mir auf Ihrer Seite angekündigt habe. Sie haben es sichtlich nicht eingestellt, weil es keine rechtzeitige Rückmeldung gegeben hat.

Bei dem Foto unter Ihrem Eintrag vom 5. Dezember, den Sie an R. R. gerichtet haben, handelt es sich um Chantal Michel, wie aus dem Text hervorgeht. Sie schreiben ja über sie, dass sie sich „länger als eine Stunde in einem Regal mit einer Glastür auf die erstaunlichste Weise verrenkt einschließen ließ“. Auf diesem Bild hat sie sich sichtlich zwischen zwei Wänden so abgespreizt, dass sie nicht zu Boden fällt. Ich denke, Sie sollten das Bild mit ihrem Namen versehen.

Und hier noch ein Nachtrag zu ConAlmas Bemerkung: „Sagen Sie bloß, Sie haben Cindy Sherman schon gesehen!“ Deren Ausstellung im Kunsthaus Bregenz, das von TWO schon öfter erwähnt worden ist, läuft noch bis 28. Jänner 2007. Also werde ich dort vorbeischauen können, wenn ich in die Schweiz fahre.

An ihr interessiert mich, dass sie aus ihrer Suche nach dem eigentlichen Ich Kunst macht. Und - wie sie das Porträt neu definiert . Ob ihre Werke unter dem Obertitel Selbstporträts durchgehen könnten, da sie ja als physische Person immer dahintersteckt, sie selbst also das Bildobjekt ist.

Dass es dabei nicht mehr um physiognomische Genauigkeit geht, sondern um Visualisierung von Gefühlszuständen, ist das, was mich fasziniert. Sie benützt Make-up und Verkleidung, um in Rollen zu schlüpfen. Sie maskiert sich, um die Facetten ihrer Persönlichkeit aufs Bild zu bringen.

Das ist für mich der Punkt, wo ich sie um ihre Praxis beneide. Denn als Betrachterin bleibe ich immer draußen, trotz heftigster Gefühle. Neid oder Empathie schaffen keine Verschmelzung. Ich bleibe Michaela. Cindy hingegen schafft eine Unmengen Cindys, allerdings alle innerhalb des Film- und Kunst-Dunstkreises. Ich kann die Aspekte meines Selbst nur in der jeweiligen konkreten Situation darstellen. Danach verschwinden sie wieder, bis ein weiterer Auslöser auftritt.

Cindy materialisiert sich in ihren wechselnden Rollen, und das ist noch dazu ihr Beruf. Er ermöglicht ihr, eine äußere, von ihr abgelöste Identität zu produzieren, die verhandelbar, interpretierbar ist. Alles ist Inszenierung, in dem sich Inneres (alles von ihr als Person Erlebte) und Äußeres (die wechselnden zeitlichen oder örtlichen Einflüsse, denen sie ausgesetzt ist) überlagern und in Form eines fortlaufenden photographischen Werks ihre Lebensstationen markieren.

Der amerikanische Philosoph und Kunstkritiker Arthur C. Danto schrieb dazu: „Es handelt sich um Photographien, die auf eine Art und Weise Bilder von Cindy Sherman sind, die für jede einzelne Arbeit nebensächlich und sekundär, für das gesamte Werk als Ganzes jedoch erstaunlich zentral und wichtig sind. Ausnahmsweise ist das Ganze größer als die Summe seiner Teile.“

Und sie selbst sagte einmal über ihre Arbeit: „„Es könnte aber sein, daß ich mich gerade dadurch selbst porträtiere, daß ich diese ganzen verrückten Sachen mit diesen Charakteren mache... Kann sein, daß ich tatsächlich irgendeine verrückte Person unterhalb von mir auf diese Weise rauslasse.“

Wieder zwei Fotos zur Auswahl.

Liebe Grüsse

Michaela

Cindy Sherman, Untitled (Cosmo Cover Girl)

cindy-sherman

Samstag, 9. Dezember 2006

yvonne erber - 9. Dez, 13:52

Ich habe kein Kind, ich wollte bisher keines haben. Ich war noch nie schwanger. Ich verstehe Frauen nicht, die die Verhütung Männern überlassen. Ich verstehe aber Frauen, die einen heftigen Wunsch nach einem Kind haben; allerdings nur dann, wenn dessen Zukunft in ihre Überlegungen einbezogen wird. Und wenn es einen Vater gibt, der Vaterschaft anstrebt und nicht bereits von dem Augenblick an, wo er von der Schwangerschaft erfährt, Kindesweglegung betreibt.

Schwangere besprechen sich vor allem mit anderen Schwangeren. Freundinnen, die schwanger wurden, gingen bald auf Distanz, nachdem das Kind da war. Ich stehe also ausserhalb all dieser KKK*)-Mentalität und kann zu diesem Thema wenig besteuern.

Bei allem, was ich gehört habe, hat sich die Sorge der Frauen nicht auf das Aussehen des Kindes gerichtet, sondern darauf, dass sie beide die Geburt glücklich überstehen, dass das Kind keine Missbildungen aufweist; und dass die Mutter danach in keine Depression verfällt.

Gerade deshalb hat mich dieses Gedicht interessiert. Hier wird scheinbar ein Schlaglicht auf ein Kind nach einer gelungenen Geburt geworfen, obwohl der Titel das Gegenteil ankündigt.

Hier wird der Eindruck erweckt, als wäre das Baby schon geboren. Als würde der Arzt kontrollieren, ob alles in Ordnung ist, und zwar mit einem Röntgenblick. Als wäre es schon ein Säugling usw.

Aber es ist die Vision eines noch ungeborenen Lebens. Obwohl im Präteritum geschrieben, handelt es sich um ein Zukunftsbild. Der Blick fällt nämlich auf „Wangen, die sich/schon gebläht haben müssen.“

Noch herrscht also Ungewissheit über das Schicksal dieser noch Ungeborenen, darüber, was auf ihren ersten Atemzug folgen wird. Doch gleich wird auf deren Vergangenheit geschwenkt, und sie wird eingereiht in die Schwestern- und Bruderschaft aller Menschen.

YVONNE ERBER

*)Kinder-Küche-Kirche

Zu:

FRANZ SCHIEL
VOR DER GEBURT


ein neues Gesicht, schon
nach dem ersten Blick, dem Fruchtwasser
enthoben, dem Badewannenwasser,
den ersten Tränen.

Ich sah neue Ohren, die sich selbst
schon hörten, neue Lippen, zwischen denen
sich plötzlich Luft einsog,
lungenflügelweitend –

Luft aus dem Badezimmer, Wohnzimmer,
auch der Dinge darin; Atemhauch
der Mutter, des Vaters,
der allgegenwärtigen Hebamme.

Ich sah neue Wangen, die sich
schon gebläht haben müssen, darunter
Zunge, Gaumen, Rachen, einen Mund,
der schon Muttermilch einsog.

Ich sah einen Mädchenkörper,
der ganz meinen Vorstellungen entsprach,
ihnen formell Form gab,
sich selbst mit jedem Atemzug;

der Raum eroberte, Volumen gewann.
Ich sah Haut, die sich faltete, spannte
um Knochen, die unsichtbar blieben
an Händen, Armen, Beinen, Zehen, am Rumpf.

Ich sah ihre Zukunft voraus.
Ich sah Vergangenheit, wie sie sich
schon in ihr breit machte, aller Menschen,
deren Werk sie ist

(Montag, 31.12.2001, 2.35 Uhr)

Donnerstag, 7. Dezember 2006

an yvonne erber, 07. Dez, 13:16

Liebe Yvonne.

Glücklicherweise geht’s wahrscheinlich bald ab in die Schweiz! Küsnacht – was sagt Ihnen der Name? Eben! Doch dann ist Hr. TOO nicht da.

„Am 20ten bin ich leider nicht in Zürich. Eher ein anderes Mal. Sorry.“

Wer hätte das gedacht? Und trotz meiner inständigsten Bemühungen zieht er lieber den Weg zu - naja, wird sich zeigen - Gott einem harmlosen Spaziergang entlang dem Zürisee vor! An der Seestraße gäbs das Restaurant Fähnlibrunnen. Dort hab ich schon mehrmals ein Eglifilet gegessen.

Ich habe ihm ja auch den Genfer See angeboten, weil eine Freundin bei Montreux ein Haus hat. Also – ich werds vielleicht doch noch erleben, dass mir GOTT ein paar Kilometer entgegenkommt! ;-)

Das mit dem Foto scheint er etwas missverstanden zu haben. Sie haben mir gesagt, daß Sie es tatsächlich zwischen 22 und 24 Uhr eingestellt hatten. War wohl der falsche Weg. Denn hat er hat gestern am Morgen - 6. Dez, 08:54 – geantwortet:

„Die Y-site läuft nicht. Ich warte nicht minutenlang, bis etwas geladen ist, da ich wirklich keine Zeit habe für Stillstand im Moment. ;-)“

Ich versteh ja diese Ungeduld zwei Tage vor der Abreise. Ich hab ihm aber angeboten, meinen Aufenthalt so zu verschieben – die Deadline wär der Uni-Beginn -, daß es noch eine Chance geben könnte.

Heute schrieb ich ihm zu seiner JA/NEIN-Fragestellung (er schrieb tatsächlich JA und NEIN, und schon regnete es "Kommentare"):

„Ich sage NEIN zum Zumthor-Weg zu Gott. Nichts gegen Sichtbeton. Aber mit den Eliasson-Holzstiegen (2001) erscheint einem der Weg nach oben doch leichter und - "natürlicher"!. Allerdings schaut er auf deinem Foto viel steiler aus, als er ist. Und er endet bereits nach 4 Stockwerken. Sitzt da Gott?
Das wird sich auf der Y.-Seite am Nachmittag zeigen. JA hingegen zur Reise! Nur Schönes von M.
PS (auch für ConAlma): Ein Pflichttermin in Bregenz: CINDY SHERMAN 02.12 06 – 28. 01.07!“


Twos prompte Antwort fand ich lieb:

"Es geht ja hier nicht nur um Architektur, um Raum, um Treppe. Es geht auch um Licht und um Durchflutung und um die Fotografie von mir.
Hier sehe ich durchaus einen Weg. Nicht den vielleicht, aber das hatte ich ja auch nicht geschrieben. Es geht um eine Annahme.
Eine Annahme, die man annehmen kann oder eben nicht annimmt.
Wie mein eigener Weg in drei kommenden Wochen geht, das weiss ich nicht und das bekümmert mich etwas. Ich werde langsam traurig.
Aber wie sagte der Dalai Lama so schön: "Drop The Thought"."


Ok, aber mich hat dieses "Drop The Thought" nicht ins Licht, sondern häufig in die Irre geführt.

Ich habe 2 Fotos beigelegt! Eines ist von mir.

Vielen Dank und liebe Grüsse!

Michaela

Mittwoch, 6. Dezember 2006

an yvonne erber, 7. Dez, 11:44

Liebe Yvonne Erber,

erst einmal zu der Yvonne: JA! Einmal habe ich eine kennen gelernt. Ich würde Ihnen gern die näheren Umstände erläutern, weil ich mittlerweile ahne, dass Sie für gewisse Abgründigkeiten empfänglich sind... aber Sie plaudern ja [hier] immer sofort alles aus! :-)

(Jene Adelheid vermisse ich bis heute. Tatsächlich habe ich aber letztens etwas über ihre tatsächliche Existenz erfahren – ich denke, ich werde diese Spur verfolgen.)

Dann mal kurz zur Körpergrößen: Mit den 1,80 überschätzen Sie mich! Aber mit der (Selbst-)Überschätzung der sich größer Glaubenden haben Sie sicher recht. Nur: Deren Irrtümer über die Welt sind sicher nicht so interessant wie unsere! Das größere Dickicht unten verlangt mehr Differenzierungsarbeit, ist also gutes Training für mehr Durchblick. Die natürliche Arroganz dieser Ausgewachsenen hatte auch für mich noch nie etwas Weitersehendes (= Weiterführendes).

Zu der Minox wollte ich eigentlich (schon vor längerem) mal etwas sagen. Das Spion-Moment dabei mag für manche etwas Reizvolles haben, für mich war wirklich nur die pragmatische Seite, die physikalische Größe als Größe entscheidend, da ich, in meinen Anfängen als Fotograf, keine Lust hatte, irgendetwas mit zu nehmen, was meine Taschen ausbeulte, zu mal auf Reisen.

Dort aber, in Afrika etwa, bin ich mit diesem kleinen schwarzen Dingen („black box“) ein paar Mal in Situationen gekommen, wo mir die magische Seite des „Bilder nehmens“ mit-tels einer letztlich auch dem europäisch Aufgeklärten undurchsichtigen Technik – es macht eben der Apparat – anderswie Einblicke verschaffte, schon über eben den Prestigegewinn als Schamane, als Meister also solch einer Maschine. Und sei es eben nur über das triviale Wun-der, das die Miniaturisierung selbst bedeutete.

Ich erspare Ihnen jetzt inspirierte Bezüge zum vorherigen Thema Körpergröße.

Und, das nur als Anekdote: Ich habe meine Minoxe (ich hatte neben der schwarzen EX noch eine silberne LX) dann an eine Dame in Schwarz verkauft, die mir ins Gesicht sagte, dass sie von Fotografie keine Ahnung habe und auch nichts weiter davon wissen wolle, sie brauche die kleinen „schicken“ Geräte nur als „Accessoire“ (so wörtlich; heute würde man es wohl lifestyle-Zubehör nennen, vulgo „Foto-Handy“ etc.).

Der Spur auf dem Link werde ich einmal folgen. Vorab verrate ich Ihnen (als früher Voyeur), dass ich es als Kind mochte, heraus dem dunklen Kleiderschrank durch das winzige Schlüsselloch „Bilder“ der Umgebungen des Zimmers zu „nehmen“. Leider waren sie nicht zu bewahren...

(An der Antwort auf Ihre vorige, lange Mail sitze ich noch.)

R. R.

Dienstag, 5. Dezember 2006

yvonne erber - 05. Dez, 10:24

Lieber R. R.

----Mich hat gestern das Wort Minox noch in die Nacht hinein verfolgt, als Synonym für Kleinstbildkamera. Die Frage, welches Motiv eine Frau haben könnte, eine Minox zu benützen. Ob es derzeit, in Zeiten der Handy-Fotografie noch jemanden geben könnte, der auf Minox setzt, also mit einem Minifilm arbeiten will.

----Mit Minox verbinde ich Spionagekamera. Ich wußte nicht, dass die Urminox aus den 30er Jahren stammt. Das Bild, das ich vor mir hatte, ist sicherlich das eines etwa 10 cm großen schmalen metallischen Dings, das auf einer Seite ein winziges Objektiv und einen Auslöser hat. Ausserdem, dass man damit auch unbemerkt durch kleine Löcher (etwa in der Kleidung oder in Taschen) hindurch fotografieren kann.

----Noch nie hatte ich eine Minox in der Hand. Ich kenne auch keine Person, die eine hat. Alles, was ich bisher damit verband, waren vage Vorstellungen.

----Wie ich gerade lese, heisst das aktuelle Modell MINOX ECX. Es misst nur 8x3x1,6cm, und sein Objektiv bietet einen Schärfentiefebereich von 1 m bis unendlich. Das erinnert mich an Lochkameras. Ich habe einmal an einem „Kurs“ in einem Museum teilgenommen: da konnte man mittels einer einfachen Schachtel ein Foto erzeugen, mit einer vergleichbaren Tiefenschärfe.

----Ich erinnere mich noch genau, welch ein veränderter, nicht nur verengter Blick sich auf die Umgebung durch dieses kleine Loch im Karton bot. Es ging um die Verengung des Blickwinkels; und auch, in geringerem Maße, um die Ahnung von Platzangst, also dem plötzlichen Gefühl, wie es wäre, mit dem ganzen Körper in einem so engen Behältnis zu stecken.

----Frauen, da kleiner, passen eher in Kofferräume als Männer. Ich nehme an, Sie haben sich etwas auch schon einmal vorgestellt. Ich habe so etwas ähnliches schon gesehen: anlässlich einer Performance in einer Galerie, wo Chantal Michel sich länger als eine Stunde in einem Regal mit einer Glastür auf die erstaunlichste Weise verrenkt einschließen ließ. Ich habe sie nachher gefragt, wie sie das schafft. Sie sagte, sie beame sich weg, sie lasse nicht zu, dass sie sich mit ihrem Körper und dessen Organen beschäftige. Sie stelle sich als ein Luftwesen vor, das sich immer weiter ausdehne usw. (http://www.chantalmichel.ch/performance/index.html)

----Sie sehen, über Ihre Minoxbildchen, die ja öffentliche Orte zeigen, Gebäude aus einiger Entfernung, bin ich auf meine nicht nur symbolische Platzangst gestoßen. Schon ein kleiner Bildschirm engt mich ein.

----Wahrscheinlich bin ich 10 cm kleiner als Sie. Ich billige Ihnen an die 1,80 m zu. Ich will damit nicht behaupten, die Körpergröße sei das Maß aller Dinge. Doch die Blickhöhe teilt die Welt in Schichten: die der großen und die der mittleren und kleinen Erwachsenen; und in die der Babys, kleineren und der heranwachsenden Kinder bzw. Jugendlichen.

----Ich billige Ihnen also zu, dass Sie auf mich ein wenig herabschauen würden. Wollte ich das ausgleichen, würde ich natürlich Stöckelschuhe benutzen. Wozu ich gleich anmerken möchte, dass meine Stöckelschuhphase eine Angelegenheit der ersten Jahre nach der Matura, also der anfänglichen Studienjahre waren. Jetzt trage ich im Normalfall "ebenerdige" Sschuhe.

----Sie bemerken, dass ich meinen Fokus auf die Möglichkeiten des Augenblicks richte. Das Weblog bietet eine gute Möglichkeit, diesen Augenblick etwas auszubreiten, was natürlich abhängig vom Nachschub ist. Sie hatten recht lange und auch sehr abwechslungsreich Nachschub. Mir bieten Sie ihn auch, obwohl ich - ohne es zu wollen - eine nachträgliche Leserin geworden bin.

----Und jetzt – in einem Moment mit dem Impuls zum Aufstehen – springt mein Interesse auf Ihren Eintrag vom 8.11.2006, mit dem Titel Schall und Rauch. Es geht darin um Vornamen, und Sie schreiben: „Nie wieder im Leben habe ich eine Adelheid kennen gelernt...“ Haben Sie jemals eine Yvonne kennengelernt? Kann es „ein Elend" sein, so zu heißen?

Herzliche Grüße

YVONNE ERBER

Chantal Michel, Neueste Erkenntnisse zu ungeklärten Fragen, 1999

a2006-12-04-chantal-michel-chantal-michel-neueste-erkenntnisse-1999

Montag, 4. Dezember 2006

an yvonne erber, 04. Dez, 12:23

Liebe Yvonne.

Dieser Mr Äppell legt ja ein beachtliches Tempo vor! Gestern noch 5 oder 6 Bildchen; heut schon wieder alles weg und gleich zwei neue! Natürlich wurde auch gleich mein schönes Reimgedicht geopfert!

Dieses schnelle Auslöschen des Vergangenen erzeugt in mir einen Schwindel - so, als wär gestern und vorgestern nichts gewesen! In alten, also meinen Schulzeiten Mitte der 80er Jahre hat man noch einen Radiergummi benützt. Da hätte man ja ununerbrochen radieren müssen, damit das alles so schnell verschwindet. Ich war eine sparsame Radiererin, ich wolle nicht diese Gummiwutzeln am Papier.

Bei Twoblog haben wir - bedauerlicherweise - einen Meister des Verschwindenlassens vor uns. Zugleich mein Gefühl: mir entgeht etwas, mir wird ständig etwas entrissen. Nur die Frage bleibt: ist überhaupt etwas gewesen? (In dem Fall - auf meinem Bildschirm, der mir in diesem Augenblick die übrige Welt ersetzt!)

Schön wärs, wenn Sie das beigelegte inzwischen nicht mehr sichtbare Twoblog-Foto einstellen könnten. Ist das möglich? Ich hab eine gewisse Affinität zu der dargestellten Situation. Es erinnert mich an die Klosterschulzeit (vielleicht empfinden Sie da ähnliches) und meine sehr jung verunglückte Mittelschulfreundin, die ja meine beste Freundin überhaupt war. Ich träume immer noch von ihr.

A. schrieb: „Immer wieder gehe ich gerne in eine Kirche, zünde eine Kerze an und gedenke der Liebsten. Und, ich geniesse die Ruhe dabei immer herrscht.“

Auch ich kann an keiner Kirche vorbeigehen, ohne nicht hineinzugehen, um für die liebsten Verstorbenen eine Kerze anzuzünden. Klosterschul-Mentalität? Keineswegs! Einerseits das authentische Bedürfnis zum Gedenken! Zugleich aber bin ich wohl eine versteckte Pyromanin. Nur in einer Kirche kann ich ein kleines Feuerchen machen und denken, es wird schon nichts passieren. (Oder auch: das Fegefeuer ist überall!)

Lieben Dank
Michaela

a2006-12-23-kerzen-jerusalem

Sonntag, 3. Dezember 2006

an yvonne erber, 03. Dez, 14:45

Liebe Yvonne.

Vielen Dank für die Blumen! Und noch dazu persönlich abgegeben im Spital. Und mit Ihrer höchstpersönlichen Anwesenheit. Und noch dazu diese wachsüberzogenen Rosen! Sie haben mich überrascht und gerührt. Und natürlich auch etwas abgelenkt von dem sonstigen Level und Rummel in diesem Drei-Bett-Zimmer für 3 Tage und Nächte!

Ich habe wie Sie der Blumenhändlerin geglaubt. Das Wachs sollte doch vor dem Verwelken schützen. Das Gegenteil ist der Fall - das Wachs schmilzt. Es erhöht das Gewicht, und die Köpfchen sind jetzt geknickt. Ich weiß nicht, ob ich den Strauß zum Trocknen aufhängen werde.

Ich hatte ja genug Zeit, um über alles nachzudenken, auch über Mr. H. So ist "Auf ein Neues" entstanden, und zwar gleich gereimt. Seitdem ich das Reimen für Hrn. Sebas geschafft habe, denke ich ganz anders. Reimen ist wie leimen: zumindest Zeilen sind lautlich so miteinander verbunden, dass sie gar nicht mehr von einander ablassen können. ;-)

Liebe Grüße

Michaela

AUF EIN NEUES

schaumbedeckt beglatzt mag ich dich nicht: das ist
eine echte Männerphantasie! Eine Frau mißt
weder dem Schaum Bedeutung bei noch
dem mehr oder minder schönen Spiegel-Schädel, jedoch
zweifellos dem Ausdruck der Augen: wenn sie etwa
wie die von dem so locker hingemalten Herrn da
so traurig glänzend wie im Header mich anschaun,
so glaskugelartig unbeweglich auf gleicher Höhe, down
vom Tagesablauf oder gerötet von der Hoffnung, es wird
sich etwas ereignen, etwas Schönes, zumindest im Geviert
dieser Seiten, etwas Erregendes, dass dich Fieber
von oben nach unten durchblitzt und du dich lieber
sofort hinsetzen würdest, einfach hinknien
vor dieser Lichterpracht, die dir ein Mädl aus Wien
vor die Tür gestellt hat, keine Trost-Verächterin, blütenrein
trotz Gehuste, zittriger Lunge, Herzrasen in der Nacht, kein
Gedanke, der dich nicht umfaßt, mich aber peinigt,
denn du bist ja einer, der alles mit ein paar Sätzlein bereinigt,
kein Wort zuviel, keine stille beharrliche Annäherung,
nur Distanz, andere Themen, Fotos, keine Beruhigung,
keine Aussicht, diesem Dilemma zu entkommen -
ich hab mich ja nicht mehr daneben benommen,
ich hab dir Mails in Hülle und Fülle geschickt,
du hingegen läßt mich hier wortlos geknickt
zurück, als Angstneurotikerin, Angina-Leiche,
eine sich zu sich selbst herabbeugende Trauereiche:
was müßte passieren, um dich wieder nach Venezia zu führen,
zu einem Termin, wo für dich und mich alle Türen
im Arsenale, im Palazzo Gritti weit offen stünden
und Hemmnisse und Sünden von selbst verschwinden
und Picasso, in Übergröße, nackt, mit hängendem
Gemächt, trät uns entgegen, er winkte, mit drängendem
Blick, mit seinem Pinsel dich und mich herbei
zu seiner inzwischen totenbleichen Staffelei -
wir dürften uns fünf Sekunden nicht bewegen,
und er würde sich eine Ewigkeit nicht mehr regen.
Dann hätten wir ein meisterliches Doppel-Porträt
für unser Doppel-Log und auch Doppel-Chalet!


PS: Diese anregende Fügung "schaumbedeckt beglatzt"
stammt von Hrn. Gulogulo (https://vielfrass.twoday.net/).

Samstag, 2. Dezember 2006

yvonne erber - 02. Dez, 15:41

Lieber R. R.

----Sie nennen mehrere Möglichkeiten, ein Blog über längere Zeit zu betreiben, ohne dass die Aufmerksamkeit schwindet: 1. unspezifischer Blog; 2. Themenblog; 3. identity-drifting. Neben der eigenen Aufmerksamkeit geht es natürlich auch um die der Leserschaft, außer man setzt sich „stummes Weiterschreiben“ als Ziel, wie Sie es für sich – wahrscheinlich nur in Phasen - anführen.

----Ich habe das von Anfang an nicht vor Augen gehabt. Ich habe damit begonnen, in Form von längeren Kommentaren in anderen Blogs Unterschlupf zu finden und erhielt von der Betreiberin eines inzwischen zu meinem Bedauern geschlossenen Blogs immer wieder die Ermunterung, das weiter zu tun. Zugleich wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass meine Texte bei dieser Vorgangsweise schnell von der Oberfläche verschwunden sind, auch wenn nichts gelöscht wird. Das hat mich aber eine Weile nicht daran gehindert, damit fortzufahren, auch aus einen anderem Grund: ich hatte keinen von mir autonom zu benützenden Zugang. Wenn Sie wollen, war das ein Kuckuckei-Dasein in Netz. Oder auch Selbstdarstellung in einem geschützten Bereich.

----Sie haben auch ein „Blog als Briefwechsel“ ins Auge gefaßt, ohne daß Ihre Mitspielerinnen zustimmten. Herbst hat an vielen Stellen seine Position zum Thema Privat und Öffentlich dargelegt. Darum geht es wohl dabei - um die Differenz in der Selbstzensur, um verschiedene Definitionen der Abgrenzung der beiden Bereiche.

----Selbststilisierung ist für Sie kein Thema? Wer will nicht ein Bild von sich erzeugen, das einem Wunsch- oder Idealbild nahekommt?

----Ein wichtiger Vorzug des Weblogs ist die relative Anonymität, die einen Freiraum verspricht, den Sie im realen Leben nicht genießen. Von Ihnen kenne ich nur die Initialen R. R. – von denen ich annehme, daß sie stimmen – einige Hinweise auf den möglichen Wohnort, Hauptinteressen usw.

----„Kleider machen Leute“ gilt hier nur bedingt. Ich stelle mich gern nackt dar, wie Sie inzwischen bemerkt haben. Meine Kleidungsvorlieben habe ich – so glaube ich – hier nicht thematisiert. Kleidung, metaphorisch aufgefaßt, ist allerdings jederzeit zu bemerken, auch bei Ihnen, in Form Ihrer Spracheigentümlichkeiten, aber auch in der speziellen Art der Fokussierung und Rahmengebung.

----Wenn ich Sie richtig verstanden habe, so haben Sie das vergangene Jahre als Blogschreibender als Lernprozess aufgefaßt und festgestellt, daß die „Lernschritte dort ausgereizt“ sind. Ja, Sie haben einiges gelernt: dass Sie zum Beispiel „Response“ erwarten, ab und zu erhalten haben, aber vielleicht dort, wo Sie nichts erwartet haben; oder vielleicht ganz anders als erwartet.

----Aus anderen Blogs habe ich entnommen, daß diese Response-Wirtschaft nur dann funktioniert, wenn es sich um eine längere Zeit eingespielte „Bande“ handelt, die dem Bloggenden eine Führungsposition zuschreibt und diese auch nicht in Frage stellt. Von ihm oder ihr wird aber auch immer neues Futter erwartet, eine ständige, wenn möglich: stündliche Bereitschaft zur Reaktion; und auch den Wechsel zwischen Bild und Wort. Bilder haben den Vorteil des scheinbaren Erfassens mit einem Blick – daher wird darauf meist auch prompt geantwortet.

----Sie haben ja zwischendurch auch Bilder verwendet, das erste am 21.11. 2005, innerhalb einer Reihe unter dem Titel „Das schöne Leben“, fortgesetzt eine Woche später mit „drei beliebigen autobiographischen Momenten... (Aus meiner Minox-Zeit)“, worin Lyon, Al Aioun und Düsseldorf verbunden werden. Das provoziert meine Frage, ob es überhaupt möglich ist, sich aus dem Fragmentarischen, Journalartigen, also von der Steuerung durch Tag und Stunde bei der Veröffentlichung in einem Weblog zu entfernen, also etwa ein kompaktes Projekt voranzutreiben und so zu tun, als gäbe es keine Mitleserinnen und Mitleser bzw. keine Zuschauerinnen und Zuschauer.

----Ich denke, ein Antrieb von Ihnen ist doch auch dieser Kitzel, den es bedeutet, daß einem jemand über die Schulter schaut und dass es dabei zu Kurzschlüssen kommt – des Blicks, der Gedanken und der Gefühle. Eine große Illusion in diesem Bereich: selbst wenn ich es wollte, könnte ich das bei Ihnen nicht tun. Ich habe kein Bild von Ihnen, Sie keines von mir. Ich kann nur Vermutungen anhand von Indizien anstellen. Etwa diese (basierend auf Ihren Textfragmenten von 2005): nächtlicher Herumtreiber, Raucher, Jobwechsler, Orient-Interessent...

----Im übrigen löst Minox bei mir die Frage aus, warum jemand auf einem leeren Platz eine solche benützt, ausser er ist entweder aus ästhetischen oder stilistischen Gründen an diesem Format interessiert; oder es geht ihm, bei anderen Gelegenheiten, darum, als Fotograf unentdeckt zu bleiben!

----Bald ist bei Ihnen allerdings zu bemerken, wozu so eine Minox auch gut sein kann: nämlich einen erhaschten „Eddie-Blick“ festzuhalten, sich diesem immer wieder auszusetzen oder aus langer Distanz zu reproduzieren und darüber zu nachzudenken: „dieser Blick hat für mich etwas eher Unbewegtes, Kalt-Registrierendes, die Augen bei ihm (auch in den Fassbinder-Filmen) hatten ja fast immer denselben Ausdruck - man könnte auch sagen, sie seien ausdruckslos. Und diesen Insekten-, diesen Facetten-Blick auf mich.“

----Ja, der Registrator! Das Insekt mit dem Facetten-Blick auf die Menschen-Welt! Mir erscheint solch ein Blick nicht erstrebenswert. Mir ist es äußerst unangenehm, wenn mich ein Mann mit unbewegtem Blick mustert, anstarrt. Wenn er glaubt, das würde positive Gefühle erwecken, ist er am Holzweg. So starr wie sein Blick , so starr bleibe auch ich!

----Ich habe jetzt extra nachgeschaut, was für Sie nichts Neues sein wird: http://www.vespa-crabro.de/augen-antenne-mundwerkzeuge.htm. Es heißt, dass Facettenaugen nur ein grobkörniges Bild sehen, aber verständlicherweise eine 360-Grad-Rundumsicht haben; dass Hornissen rotblind sind, Rot also mit Schwarz verwechseln. Ihr Registrator erscheint mir jedoch nicht alle möglichen Seheigenschaften von Insekten zu haben, sondern vor allem die Unbeweglichkeit des Facettenauges als Ganzes. Der Registrator: alles aufnehmend, mit der gleichen Aufmerksamkeit, ohne zu fokussieren(?), und ohne Gefühlsregung. Also eigentlich ein Seh-Apparat, eine Kamera, nicht das lebendige Auge dahinter; und dann doch das Gehirn, das Ausschnitt wählt usw. Und den Befehl zum Abdrücken gibt oder nicht! Bild ab! Oder: Stopp!

----Etwas fällt mir zum Thema Facette noch ein: es suggeriert ja gleichartige Parallelsicht in einem für Menschen unmöglichen Winkel! Wobei zu bedenken wäre, dass das Gehirn eines Insekts auch eine Auswahl treffen, also bewerten muß, dem Ziel – der Nahrungssuche vor allem – entsprechend, Nötiges und Unnötiges von einander scheiden, dass es also nach Entscheidungsparametern vorgeht.

-Für heute zum Schluss: Erschien Ihnen Ihr Weblog geeignet, dieses (zumindest temporäre) „"Nichts-Niemand-Nirgends-Sein"-Gefühl“ aufzuheben? Eignet sich das Schreiben und Sich-Selbst-Darstellen in diesen vibrierenden elektronischen Raum hinein zu Verselbstung, Verortung und Materialisierung im momentanen realen Umraum?

Herzliche Grüße

Ihre YVONNE ERBER

Donnerstag, 30. November 2006

yvonne erber - 30. Nov, 22:53

Heute

war ich beim Töpfer und mußte im Hof warten. Sein Husky, wohlerzogen, aber auch wachsam, kennt mich schon. Ich begann ihn zu streicheln und mit ihm zu reden: Wo ist denn dein Schlitten? Du kennst gar nicht deine Kollegen in Alaska! Du bist ein so ein schöner Eskimohund, hast so ein weiches Fell. Kannst du auch sitzen? Da setzte er sich sofort nieder, und ich lobte ihn ausgiebig. Plötzlich legte er sich hin, drehte sich auf den Rücken und streckte alle Viere von sich. Er wollte am Bauch gestreichelt werden. Ich war gerührt. Ein solches Vertrauen hätte ich mir an seiner Stelle nicht entgegengebracht.

Der Titel des Gedichts – „Mr. Indecision" – hat mich nicht gleich an einen Hund denken lassen Eher an einen Mann, einen bestimmten Typus, der am Morgen bereits „zweckvolle Volten" berechnet. Erwartet ein Hund „Tanz, Lust“? Nein. Und ich kenne keinen Hund, der „solipsistische Ironieschleifen“ zeichnet.

Ich dachte also anfangs an das „bissige“ Porträt eines Mannes im „mittleren Alter“. Oder dass das „Hündische“ eben einen Mann charakterisieren soll.

Mir kommt es so vor, also würden Sie in der Art des Ablaufs diesen „Hrn. Unentschieden“ noch deutlicher machen wollen. Immerhin gibt es in seinem Werdegang ein „Studentenleben“ und die Aussicht auf ein Dasein als „Pensionär“.

Ab der dritten Strophe ist dann schon klar, dass Sie einen Hund im Auge hatten: er überspringt Tore, hält sein Spielzeug zwischen den Reißzähnen usw. Ohne allerdings davon abzulassen, das Changieren zwischen Manns- und Hunde-Realität weiterzutreiben - „anschmiegen“ als „politische Entscheidung“.

YVONNE ERBER

PS: Ich hätte die letzte Strophe gestrichen.

Zu:

FRANZ SCHIEL
MR. INDECISION


Mr. Indecision erwartet den Tag
voller Gleichgültigkeit, außer es gibt
Berechnungen, die zweckvolle Volten
anbieten: Ernährung, Tanz, Lust.

Mr. Indecision liebt es, auf Parkbäumen
solopsisistische Ironieschleifen
aufzuzeichnen, mit dem Argument
der Gefahrlosigkeit. Vollkommene Beliebigkeit

ist in die Gesichter der Spaziergänger,
auch Läufer eingegraben, hündischer
Gebrauch von Freiheit. Die Hütte lockt,
die Kette, eintönig wohlschmeckender Fraß.

Einige Male der Versuch zur Begattung.
Tore dürfen übersprungen werden,
Aufhüpfer beklatscht, schnell dringt wieder
stinkende Einsamkeit durch, dieses Hinken,

Widerwille beim Anblick des Gefängnisgevierts.
Das Spiel ist leer, das Spielzeug – falls vorhanden –
festgefressen zwischen den Reißzähnen.
Blut eine äußerste Seltenheit. Alles knurrt,

doch wie ein entwaffnend milder Ton.
Die Konkurrenz ist weit weg, faktisch
nicht existent. Auf das Studentenleben
folgt übergangslos das eines Pensionärs.

Immer dieselben Ausführungen von immer
den gleichen Frauen, egal, ob alt oder jung,
geistesabwesend und mehr oder minder
osteoporotisch. Der Hund, voller Mitleid,

wird nicht davonrennen, nur schnüffelnd
sich anschmiegen. Eine höchst politische
Entscheidung, ohne Emphase. Das mittlere
Alter im Anmarsch, keine Veränderung in Sicht.

Möglich ein Sturz, der sein Leben zerbricht.
Er hat ja wie jeder eine Medaille und Feiern
zum Abschied verdient. Kriegt aber um fünf
einen Fußtritt, böses sträubendes Erwachen

(Montag, 18. September 2006, 5 Uhr, Venedig)

Mittwoch, 29. November 2006

yvonne erber - 28. Nov, 15:25

Ich sehe mich selbst

in einem Zug. Und ich sehe einen düsteren Raum mit Koffern, über die Tücher gespannt sind. Darin blinken Lichter, die in diesem Kopf wie ein Schmerz pulsieren. So verbinden sich gleich anfangs die ersten und letzten Verse dieses Gedichts.

Ich lese ein Gedicht nie linear von oben nach unten. Ich betrachte es als Bildkomposition - da gehe ich mit dem Blick ja auch nicht linear vor. Da verweile ich da und dort länger; dann überspringe ich wieder etwas und komme später dorthin zurück. Ich lese also ein Gedicht nicht Wort für Wort, ich will auch nicht sofort alles erfassen. Ich lasse mir Zeit zum Schweifen.

Daher interessiert mich auch in diesem Fall nicht die dahinterliegende Zeitenabfolge, sondern die bald formulierte Schlüsselfrage: "Gibt es Schnitte, die mich auszeichnen?" Das ist doch die zentrale Frage, wenn ich meine eigene Biographie betrachte: Wo gibt es Schnitte, Einschnitte? Zum Beispiel eine Hochzeit, den Tod der Mutter. Das kann sich positiv oder negativ auf das Folgende ausgewirkt haben, abhängig davon, wie jemand mit Glück oder Verlust umgehen kann.

Bei dem Wort "Goldkappe" sehe ich jemandem, dem die Goldkappe gespalten wurde. Ein gefährdetes Kind. Für eine Mutter ist ihr Kind doch etwas Goldiges, mit einem goldenen Helm versehen, in der goldenen Rüstung.

"Helm" ist dem Heiligenschein sehr nahe, nicht nur von der Form her. Aber Heilige sind nicht als solche geboren; sie werden ja erst nach ihrem Tod heiliggesprochen. In ihrem Leben waren sie oft Krieger und Kämpfer. Dazu fällt mir sofort der heilige Martin ein, naheliegend für eine Klosterschülerin. Bevor er Bischof wurde, war er Soldat und hat sicher viele Menschen umgebracht.

Die heutigen Religionskrieger tragen entweder einen Patronen- oder einen Sprengstoffgürtel, der ihnen die Heiligsprechung nach ihrem Opfertod sichert.

„Opfer hält sich bereit“: dahinter steckt einerseits ein Kommando. Oder jemand sieht überall Opfer, er könnte also überall seinen Mantel mit anderen teilen. Dazu wieder die Überlieferung zu Martin: Er soll an einem Wintertag einem armen unbekleideten Mann begegnet sein, während er außer seinen Waffen nur seinen Militärmantel trug, wahrscheinlich nur eine einfache Decke. Diese teilte er mit dem Schwert und gab die Hälfte dem Frierenden.

Zu Beginn ist vom Kopfschmerz die Rede, in dem letzten Zeilen wird aber der Wunsch nach einem anderen Schmerz geäußert, so weich und harmlos wie eine ausgebreitete Modellstadt. Heißt das: der Schmerz soll warm und übersichtlich sein, Antrieb für Erkenntnis versprechende Selbstbetrachtung?

YVONNE ERBER

Zu:

FRANZ SCHIEL
GOLD GOLDIGES


im Zug steigt Kopfschmerz auf,
rechts und links, er reicht Wochen, Monate
zurück, vielleicht Jahre. Was bedeutet das?

Gibt es Schnitte, die mich auszeichnen?
Gold, Goldiges, wie ein Helm
oder Schein des Heiligen, Patronengürtel?

Opfer hält sich bereit, mein Mantel.
Geschoße als Dornen, Erhebung, unversehrt,
aus der rasenden Fahrt in die Wolken.

Und im Tal, keineswegs des Jammers,
atmender Aufstieg, ohne diese penetrante
Innenluft. Rechts und links Berge,

auch in der Ferne, mit Schneekappen.
Das ist vorbei, keine Sonne, nur Zischen
von Feldern und Ortschaften, Ausschnitten

zwischen unverrückbaren Vorhangteilen,
einem fünffachen Heizungsschlitz.
Läge doch Schmerz vor mir, ausgebreitet

wie eine Stadt, deren Modell: harmlos weich,
aus Stoffen, über einen Spielzeugkoffer gespannt,
aus denen sich Stimmen erhöben, Gejubel

(Samstag, 05.04.2003, 16.40 Uhr)

Dienstag, 28. November 2006

an yvonne erber, 27. Nov, 23:07

Liebe Yvonne.

Vom Wochenende happy zurück? Ich bin noch immer schachmatt!

Hier die Ergebnisse des "Wettbewerbs", und zwar ohne Kommentar, das heißt: die Kommentare sprechen ja für sich. Und auch die "Einreichungsdaten": 30. Okt, 2mal 07.Okt! (Vielleicht fällt Maria dazu etwas ein!)

Herzlich

Michaela

1. "Der Bistro Poetry Award 2006 für das beste Gedicht wurde als Publikumspreis ausgelobt und geht nach erfolgter Abstimmung an den ersten Beitrag, der in diesem Contest eingereicht und deshalb auch von mir kommentiert wurde:"

drame

in der friedenskarawane
war ein medienschamane
der schwäng gern seine liane
in die dame

jedoch die junge dame
(wohnhaft kreis spreewald-dahme)
rief: tückische liane
erlahme!


darkrond - 30. Okt, 01:06

Inferno (anonym) - 30. Okt, 16:27
mein heutiges lieblingsgedicht! =)
so erlebt?
darkrond - 30. Okt, 22:55
das gute stück ist schon etwas älter. es entstand, als ich während einer straßenbahnfahrt einen anfall von ringelnatzismus bekam und einem freund eine sms schicken wollte. er bekam dann zwei: jeweils eine strophe. das gedicht ist sozusagen "handylyrik". *g*
NBerlin - 30. Okt, 17:32
;-)
Mannpferd (anonym) - 30. Okt, 18:07
...
erste Sahne! :-)
Miss Undercover (anonym) - 30. Okt, 18:46
Alles Banane? :D
SingleMama - 30. Okt, 23:01
ein neuer Goethe ist geboren *schwärm*
Frau h. (anonym) - 1. Nov, 20:28
...Welten tun sich auf!
Handtelefonlyrik! Wie schön. Wäre ja vielleicht eine Marktlücke und weltbesser als HandtelefonTVserien oder Fussballticker. Ich nehm dann schon mal ein Abo ;o)
Sebas (anonym) - 6. Nov, 20:03
Großartig. So geht Kunst. Ein schöner Beitrag. Vielen Dank.
promisc - 21. Nov, 11:39
Schliesse mich dem wörtlich an.

2. "Der Bistro Poetry Special Award 2006 für das beste erotische Gedicht geht an einen fantastischen Lesungsorganisator und großartig kochenden Stylisten"

"Bistro Poetry Contest. Mein Beitrag.
herr paulsen, 2006-11-07, 11:19h

Dichten hilft ja nicht nur gegen Zugluft, Staub und Lärm, es mag so maches mal auch ein Quell der Freude und heiterer Erbauung sein. Und so sei der Herr Sebas, der ja stets dem Schönen zugeneigt ist, sehr gepriesen für die Ausrufung des ersten Bistro Poetry Contest. Das Regelwerk ist übersichtlich und ich möchte diese Gelegenheit nutzen, einmal wieder auf ein vom Aussterben bedrohte Dichtkunstgattung hinzuweisen: Das sexuelle Tiergedicht. Das völlig zu Unrecht in Vergessenheit geratene Genre möge durch meinen Beitrag eine Renaissance erfahren, und mich als strahlender Sieger in der Kategorie "Bistro Poetry Special Award 2006 für das beste erotische Gedicht." strahlen lassen. Gerne hätte ich mich ja für die Kategorie "Bistro Poetry Special Award 2.0 2006 für das beste erotische Gedicht, in dem drei Lebensmittel vorkommen." beworben, aber nach Fertigstellung meines Beitrages passte einfach kein drittes Lebensmittel mehr rein.
So. Jetzt aber:"

Qual mit Wal (und Happy Ende!)

Frau Goldbrasse ist aufgebracht,
so geht das schon die ganze Nacht,
still liegt sie im Korallenbett,
Herr Wal auf ihr, ist ziemlich fett.

Und wie sie sich jetzt echauffiert,
dass der Herr Wal sie penetriert,
seit Stunden schon und ziemlich rüde,
Frau Goldbrasse wird langsam müde.

Sie stöhnt Herrn Wal in seine Kiemen:
„nun reißen Sie sich mal am Riemen!“
Das bringt Herrn Wal ganz doll in Fahrt,
weich wird, was eben grad noch hart.

Zuvor vibriert der Meeresboden,
Herrn Wal ziehts Fischlaich aus den Hoden,
Frau Goldbrasse jetzt herzlich lacht,
da Herr Wal, beim Orgasmus Blasen macht.


isabo, 2006-11-07 11:28
Also, ich hab drei Lebensmittel gefunden. Oder kann man Goldbrasse nicht essen?
herr paulsen, 2006-11-07 11:41
Fischlaich ist (noch nicht) Kaviar!
isabo, 2006-11-07 11:45
In den Wal beißt man ja auch nicht so, wie er da rumschwimmt. Es war doch keine Rede von zubereiteten Lebensmitteln, oder? Dann müsste ich ja auch noch mal alles über den Haufen werfen!
mittagesser, 2006-11-07 12:18
Also, wenn wir schon japanisch sind und Wal als Lebensmittel sehen, dann ist die Koralle auch dabei - gibt es bestimmt in Tokio auf dem Fischmarkt. Und Walorgasmusblasen auch noch. Reicht also lässig für all drei Awards. Danke für den Tipp. Und die schönen Reime!
croco, 2006-11-08 13:04
Ach, Herr Paulsen. Es tut mir Leid, das Idyll stören zu müssen. Diese Liebe bringt kein Glück.Wale sind sind Säugetiere und mit Laich und so ist da nixxxx....und die meisten Fische wie Frau Goldbrasse haben es nun nicht mit der Penetration.Da läuft alles außerhalb des Körpers ab.
mikeybar, 2006-11-08 14:18
Ach, Croco. Ich hab auch die meisten Fische noch nie stöhnen gehört.
mikeybar, 2006-11-08 14:19
Und Wale auch noch nicht.
merlix, 2006-11-08 16:04
Kann man nicht Walstöhnen sogar auf CD kaufen? Da war doch was.
mikeybar, 2006-11-08 16:15
stümmt. da hatt ich wohl was vergessen.
mcwinkel, 2006-11-09 10:23
Also wenn der nicht an Sie geht, Herr Paulsen, dann weiß ich auch nicht...
lunalu, 2006-11-09 11:14
phantastisch. ein gedicht!
(ich wollte ja noch mitmachen, aber da über sex nun alles so gut geschrieben wurde...)
desideria, 2006-11-09 11:17
Lieber Herr Paulsen,
dieses Gedicht schreit ja geradezu nach einem podcast mit Walstimmen als Hintergrundmusik...
frau klugscheisser, 2006-11-09 19:04
Grandios
Mit diesem Gedicht sollte Ihnen der Publikumspreis und lebenslängliche Ehrenmitgliedschaft in allen Tauchsportverbänden sicher sein.
herr paulsen, 2006-11-10 11:42
Hola, da bin ich mal zwei Tage unterwegs und hier rappelt die Bude. Vielen Dank für die lobenden Worte und den Nachhilfeunterricht in Meeresbiologie!
philit, 2006-11-10 12:32
Überlange Höhepunkte
Abgesehen von der lobenswerten Völkerverbindung zwischen sparus auratus und der Ordnung der cetacea scheint der koitale Höhepunkt der letzten Zeile mit einem prosodischen Pferdefuß versehen zu sein. Der Orgasmus dauert schlicht zwei Silben zu lang!
herr paulsen, 2006-11-10 13:04
Mist. Erwischt. Aber ich könne Herrn Wal die zwei Silben Orgasmusverängerung von Herzen.
philit, 2006-11-10 13:47
Dachte mir schon, dass hier die Tierliebe Pate gestanden hat. Statt eines interruptus eine prorogatio! So ein Wal hat's schön!

3. "Der Bistro Poetry Special Award 2.0 2006 für das beste erotische Gedicht, in dem drei Lebensmittel vorkommen, geht an die Frau, die derzeit Preise abräumt wie andere Leute dreckiges Geschirr,"

Ich bin so wild nach Deinem Käsefuß,
an dem ich immer knabbern muss;
nach Deinen Waden auch,
und Bauch.

Ich schrie mir schon das Stimmband wund
Nach Deinem kleinen Kummerbund,
ich finde auch Dein Fett
So nett.

Ich bin so wild nach Deinem starken Nacken.
Da könnte ich Dich immer wieder packen
und beißen, riechen, küssen.
Du riechst so gut, ich werd’ Dich fressen müssen.


7. Nov, 13:22 * is a

g a g a, 8. November 2006, 03:00
erster preis!
blue sky, 8. November 2006, 11:47
jawohl.
desideria, 9. November 2006, 04:34
ungedingt!
katiza, 9. November 2006, 14:31
Sensationell
gschmackig - bei der Konkurrenz muss ich mich warm einpacken und gleich was nachschießen.
nömix, 12. November 2006, 20:05
Beeindruckend.
promisc, 13. November 2006, 11:43
Klasse Hommage an François Villon :-)

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