yvonne erber - 4. Okt, 12:45
Eine Menge Personen
tritt hier auf, vor allem weibliche, Schwestern, Kusinen, Nichten - keine so, dass ich sie mir gerne näher ansehen würde. Ich möchte weder die eine noch die andere sein.
Gewirr aus dem Kopf eines einsamen jungen Mannes, leidend unter seinem Testosteronansturm. Hier Honig, dort Blut, das aus hormonellen, rituellen oder aus mordlüsternen Gründen zu fließen scheint. Es gibt nichts, das "schmeckt", weder Monatsblut noch Göttinnen-Honig.
Eigentlich ist das alles doch recht ekelig. Eine Versammlung von Substantiven der Unappetitlichkeit: Blutrinnsale, Warzengeflecht, Plumpsloch, Hackmesser, Sauschädel usw.
Auffällig: „begehbare Schwestern"! Wer begeht sie, auf welche Weise? Ich denke sowohl an Inzest als auch an das mittelalterliche Heiratswesen, an die Schrankwerdung der Frau. Letzten Endes sind sie alle nur Handlangerinnen - für den überspannten Himmel dieser überquellenden Pubertätsphantasie.
Zu:
FRANZ SCHIEL
BLUTHONIG
die Schwestern, sie lagerten im selben Bett,
übereinander - Blutrinnsale mit fragenden Augen.
Baten mich immer um Kopfschmerztabletten.
Nie wieder sollte ich die Trompete des Onkels anrühren -
zurücklegen in die Kommode neben dem Mehlkasten
im Hinterzimmer. Ich trompete im Garten, unversöhnlich,
machte damit alle Nachbarn rebellisch. Und drinnen
die Schwestern übereinander wie Gepölster,
das sich aufbläht, auch unter mir. Darüber: Traumwabern,
Warzengeflecht über Schenkel und Penis.
Ringsymphonisches 50er-Jahre-Produkt,
der Reihe nach ausgebreitet, kirchliches Triptychon.
Begehbare Schwestern im Monatsblut, abgelöst
von den Kusinen, die für alles gradstehen mußten:
Honig um den Mund, in den Augen. Schwatzten
schnatternd ihre Wiener Phantasien in meine
heiligen Kabinettsausbrüche an Maiandachtsabenden.
Homophone auseinandergepreßte Schwestern,
ins Gefühlshirn der Kusinen versetzt: sie, die Verrückten,
die sich den Pubertätswirren freiwillig aussetzen,
einem romantischen Bezauberer. Tauschten wir Honig
anstatt Blut, tauschten sie das Monatsblut der Schwestern
mit ihrem Göttinnen-Honig? Honigbienen-Kusinen,
die in den Tagträumen im Grasgarten herrschten,
mir den entfremdeten Schulfreund vom Sockel stießen.
Folgten sie mir auf den Dachboden ins Heu?
Öffneten sie die Beine zur Geburt meiner Nichten,
deren Münder ich schon jede Nacht vorher geküßt hatte?
Aus Klee und Kalk, aus dem Plumpsloch
hinter dem Stadel, aus den Hackmessern,
Sauschädeln, aufgezogenen Hasenfellen, Hühnerfüßen,
dem Gedärm von Kühen - daraus war mein Himmel,
der nun wieder unter den Tuchenten auftritt -
aufgespannt von Schwestern, Kusinen, Nichten,
über mich, die Hand im Honig, die Zunge im Blut
(Sonntag, 04.05.2003, 18.15 Uhr)
Trackback URL:
http://franzschiel.twoday.net/stories/2648551/modTrackback
tritt hier auf, vor allem weibliche, Schwestern, Kusinen, Nichten - keine so, dass ich sie mir gerne näher ansehen würde. Ich möchte weder die eine noch die andere sein.
Gewirr aus dem Kopf eines einsamen jungen Mannes, leidend unter seinem Testosteronansturm. Hier Honig, dort Blut, das aus hormonellen, rituellen oder aus mordlüsternen Gründen zu fließen scheint. Es gibt nichts, das "schmeckt", weder Monatsblut noch Göttinnen-Honig.
Eigentlich ist das alles doch recht ekelig. Eine Versammlung von Substantiven der Unappetitlichkeit: Blutrinnsale, Warzengeflecht, Plumpsloch, Hackmesser, Sauschädel usw.
Auffällig: „begehbare Schwestern"! Wer begeht sie, auf welche Weise? Ich denke sowohl an Inzest als auch an das mittelalterliche Heiratswesen, an die Schrankwerdung der Frau. Letzten Endes sind sie alle nur Handlangerinnen - für den überspannten Himmel dieser überquellenden Pubertätsphantasie.
Zu:
FRANZ SCHIEL
BLUTHONIG
die Schwestern, sie lagerten im selben Bett,
übereinander - Blutrinnsale mit fragenden Augen.
Baten mich immer um Kopfschmerztabletten.
Nie wieder sollte ich die Trompete des Onkels anrühren -
zurücklegen in die Kommode neben dem Mehlkasten
im Hinterzimmer. Ich trompete im Garten, unversöhnlich,
machte damit alle Nachbarn rebellisch. Und drinnen
die Schwestern übereinander wie Gepölster,
das sich aufbläht, auch unter mir. Darüber: Traumwabern,
Warzengeflecht über Schenkel und Penis.
Ringsymphonisches 50er-Jahre-Produkt,
der Reihe nach ausgebreitet, kirchliches Triptychon.
Begehbare Schwestern im Monatsblut, abgelöst
von den Kusinen, die für alles gradstehen mußten:
Honig um den Mund, in den Augen. Schwatzten
schnatternd ihre Wiener Phantasien in meine
heiligen Kabinettsausbrüche an Maiandachtsabenden.
Homophone auseinandergepreßte Schwestern,
ins Gefühlshirn der Kusinen versetzt: sie, die Verrückten,
die sich den Pubertätswirren freiwillig aussetzen,
einem romantischen Bezauberer. Tauschten wir Honig
anstatt Blut, tauschten sie das Monatsblut der Schwestern
mit ihrem Göttinnen-Honig? Honigbienen-Kusinen,
die in den Tagträumen im Grasgarten herrschten,
mir den entfremdeten Schulfreund vom Sockel stießen.
Folgten sie mir auf den Dachboden ins Heu?
Öffneten sie die Beine zur Geburt meiner Nichten,
deren Münder ich schon jede Nacht vorher geküßt hatte?
Aus Klee und Kalk, aus dem Plumpsloch
hinter dem Stadel, aus den Hackmessern,
Sauschädeln, aufgezogenen Hasenfellen, Hühnerfüßen,
dem Gedärm von Kühen - daraus war mein Himmel,
der nun wieder unter den Tuchenten auftritt -
aufgespannt von Schwestern, Kusinen, Nichten,
über mich, die Hand im Honig, die Zunge im Blut
(Sonntag, 04.05.2003, 18.15 Uhr)
Trackback URL:
http://franzschiel.twoday.net/stories/2648551/modTrackback
yvonne erber - 4. Okt, 12:46
Trackback URL:
https://yvonneerber1.twoday.net/stories/2758176/modTrackback