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es ist braun, im unteren bereich gewellt und deutlich...
yvonne erber - 11. Jan, 12:26
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Donnerstag, 13. Dezember 2007

mein haar ist länger als 70 cm.

es ist braun, im unteren bereich gewellt und deutlich heller.
manche strähnen kommen mir nach dem waschen sogar blond vor.

ich sehe mich, wenn ich an mich denke, immer gleich von hinten, mit diesem braunen haarschwall, der manchmal die eigenschaft hat, meinen kopf kleiner erscheinen zu lassen, als er ist.
ich weiss das von fotos, die mich von hinten zeigen, vor allem im gegenlicht.

würden Sie mich so betrachten, würde Sie diese fülle sofort faszinieren.
sie bildet ein langschenkeliges dreieck, allerdings oben abgerundet.
so gesehen habe ich eher ein köpfchen, von dem aus sich die haare nach unten hin weit auseinanderstrebend ungebändigt ausbreiten, an den enden gekräuselt.

sicher denken Sie: eine solche haarpracht habe ich schon lange nicht gesehen!
daher würden Sie mich aus einer menschenmenge heraus sofort ins auge fassen müssen, nicht nur wegen meiner größe.

ich erwarte keineswegs Ihren blick.
ich habe schon lang trainiert, blicke auf mich, auch wenn ich sie spüre (wie eine heiße schweifende stelle am rücken) zu übergehen.
sollten Sie es schaffen, sich mir in der menge anzunähern, würden Sie sich fragen: wer ist denn die dort, die mit den glänzenden langen braunen haaren?

niemals würde ich mir meine haare abschneiden oder zulassen, dass andere das tun.
sie sind seit der 4. klasse gymnasium immer ungefähr gleich lang gewesen.
ungefähr muss ich deshalb sagen, weil es ja friseusen gibt, die das wort fingerbreit zwar zu verstehen scheinen, sie aber dann trotzdem um 8 oder gar 10 cm kürzen.
ich lasse das immer in meinem heimatort machen, zu ostern und zu weihnachten, wenn ich meine eltern besuche.

ich frisiere meine haare so, dass ein mittelscheitel entsteht, und lege sie vorne so nach rechts, dass der ansatz verdeckt ist.
auch wenn Ihnen das nicht auffällt und Sie mich fragen: was wollen Sie, ich sehe keinen schwund?, würde ich antworten: ich verstecke den schwund.
jetzt gelingt es mir noch; doch wie wird es in 3, 4 jahren, mit 40 sein?
sollten Sie also auf den gedanken kommen, von einer haarfülle zu sprechen, um die Sie mich beneiden, würde ich Ihnen entgegenhalten: Sie kennen die wahrheit nicht!

es befriedigt mich sicher nicht, Sie erfolgreich getäuscht zu haben.
mich selbst kann ich auf keinen fall täuschen.
in mir gräbt beständig dieser schmerz wegen des langsamen, von anderen scheinbar unbemerkbaren haarverlusts.
davon kann ich mich durch nichts ablenken.

in einer solchen situation könnte ich mich plötzlich umdrehen, und sie erblicken mein gesicht.
es ist eine maske, für mich, nicht für Sie.
Sie werden vielleicht von meinem gleichmässigen kräftigen augenbrauen fasziniert sein .
oder von meinen augen, blau, gross und gleich verschwimmend, wenn auch nur ein leichter wind weht.
Sie werden vielleicht meinen geraden blick loben.
denn aus meiner schnellen verlegenheit kann ich in momenten, in denen ich von mir und meinen fähigkeiten überzeugt bin, auch eine strahlende stärke hervortreten lassen, die Sie – das werden Sie glauben müssen – einfach abblitzen lässt.

ich schau Ihnen schnurstracks ins gesicht, Sie können mir nicht entkommen.
jetzt müssen Sie aber auch alle meine schwachstellen, meine unregelmässigkeiten und schiefheiten, das unproportionale an mir bemerken.

auch Sie funktionieren in Ihren erwartungen nach den regeln des goldenen schnitts.
es geht um eine goldene schnittmenge, die Sie unbewusst mit sich herumtragen.
Sie erwarten sich ein schönes schnittgesicht und werden von meinem haaren abgelenkt.
schauen Sie genauer hin!

ja, meine nase wird manchmal gelobt.
näschen, sagt man gern.
aber etwas hochnäsiges ist auch daran, ein wenig bambihaftes, damit auch rehbockartig-männliches:
das rührt Sie oder verwirrt Sie.

aber sehen Sie nicht diese viel zu dünne oberlippe, die sich so eigentümlich hin- und herwindet und schließlich im rechten mundwinkel verschwindet?
manchmal drehe ich einfach die unterlippe nach oben, um in die illusion einer gewissen vollkommenheit zu geraten.
ich nage an meiner oberlippe, ich habe sie beinahe abgenagt, in den mund hineingesogen.
hätte ich diese unart schon als kleines mädchen abgelegt, wäre mir die lippe erhalten geblieben, und ich könnte meinen mund mit einem gewissen wohlwollen betrachten.

immerhin - ich habe eine möglichkeit, diesem anblick zu entgehen, die Sie wahrscheinlich nicht haben: ich beuge mich weit ausholend nach hinten und schleudre das haar über meinen kopf hinweg so weit nach vorn, bis es am boden schleift.

und jetzt, was glauben Sie, was ich jetzt tue?
etwas sehr beruhigendes – ich hebe den kopf ganz langsam.
was sehen Sie?
keineswegs mein gesicht, sondern ungefähr dasselbe, das Sie von hinten gesehen haben.

mein gesicht, mit meinen haaren verhüllt - wie geht es mir dabei?
ich sehe Sie nicht; niemanden sehe ich.
ich spüre meine haare auf meiner haut, so, als wäre ich noch das mädchen, das zum ersten mal bemerkt, welche bedeutung lange haare für sie haben.
sie kitzeln angenehm.
sie riechen gut.
sie schützen mich vor Ihrem blick.

liebe grüsse

MARIA SPILUTTINI

http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/4456014/#comments

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Zuletzt aktualisiert: 11. Jan, 12:26

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